„Noch 700 Meter bis zum Gipfel.“ „Nur noch 700 Meter? Easy, let’s do it!“ Ich motiviere hauptsächlich mich selbst. Für meinen Guide, Yabies, ist das hier ein Spaziergang. Er geht die Strecke seit 10 Jahren drei Mal pro Woche.
Ein bisschen zu selbstbewusst bin ich bei meiner Aussage dann doch. Ich muss auf dem letzten Stück noch 5 Mal stehen bleiben um zu verschnaufen. Ich schiebe es auf die Höhe. Aber in meinem Körper steckt seit gestern ein Aufstieg von über 2000 Höhenmetern und nur wenig Schlaf.
Es ist 5:30 Uhr als ich am Gipfel ankomme. Nelson, ein irrer Chilene, der einen 4000 Meter hohen Berg normalerweise zum Aufwärmen besteigt, stürmt auf mich zu und erzählt mir voller Stolz, dass er der erste heute früh hier oben war. Ich habe ihn bereits am Vortag bei seinem raketenähnlichen Aufstieg nach Laban Rata erlebt und bin darüber wenig überrascht. „Glückwunsch“ keuche ich, während er mich schon zum obligatorischen Gipfelfoto zerrt.
Bei meiner Ankunft am Gipfel ist es noch dunkel. Die Sonne wird in Kürze aufgehen, viel wärmer wird es aber so weit oben trotzdem nicht.
Ich schaue mich zum ersten Mal so richtig um. Es dämmert, nur noch eine halbe Stunde bis Sonnenaufgang. Und der Gedanke den ich immer habe, wenn ich auf einem Berg stehe ist auch hier der erste der mir kommt. Es lohnt sich einfach immer einen Berg zu besteigen. Alle Strapazen sind in dem Moment, in dem man die Aussicht so richtig aufnimmt, vergessen.
Das Glücksgefühl, es geschafft zu habe ist hier ganz besonders überwältigend. Denn ich stehe auf dem Mount Kinabalu, dem höchsten Berg Malaysias.
Organisation der Wanderung auf den Mount Kinabalu
Hierher zu kommen war einfacher als gedacht. Es ist leider nicht mehr erlaubt den Mount Kinabalu alleine innerhalb eines Tages zu besteigen, man kommt nur noch mit Guide und Übernachtung in Laban Rata hier hoch. Es werden 120 Permits am Tag erteilt, die Anzahl hängt mit der Zahl der verfügbaren Betten am Berg zusammen.
Laut Berichten im Netz muss die Wanderung auf den Mount Kinabalu 6 Monate vorher gebucht werden. Mich so früh festzulegen kommt für mich nicht in Frage, ich plane nicht mal 6 Tage im Voraus. Am Ende ist es überhaupt kein Problem im Mai kurzfristig eine Permit zu bekommen.
In Kota Kinabalu gibt es zahlreiche Reisebüros, das erste bietet mir einen Platz in 15 Tagen an. Schon das zweite hat eine Verfügbarkeit nur 2 Tage später, sogar mit Promotion bei welcher ich den Besuch der heißen Quellen inkl. Übernachtung in Poring Hot Springs quasi obendrauf bekomme.
Durch eine Verwechslung beim Reisebüro fahre ich allerdings zuerst nach Poring was wirklich nicht sinnvoll ist, ich würde fast behaupten kontraproduktiv. NACH Besteigung des Mt Kinabalu kann ich die Hot Springs empfehlen, ansonsten ist es in Poring zwar ganz nett aber auch nicht unverzichtbar.
Nach Ankunft am Gate lerne ich meinen Guide kennen, ich bekomme als Alleinreisende sogar einen eigenen, was sich als Vorteil herausstellte. Zwar bin ich zusätzlich einer Gruppe zugeteilt, aber kann gemeinsam mit meinem Guide auf der Wanderung doch mein eigenes Tempo gehen.
Aufstieg nach Laban Rata
Nach ca. einer Stunde Aufstieg beginnt es leider zu regnen und hört erst bei meiner Ankunft in Laban Rata wieder auf. Das ist wohl normal, also keine Sorge was den Aufstieg zum Gipfel am nächsten Morgen betrifft, der nur bei gutem Wetter möglich ist. Es regnet meist nur tagsüber ein paar Stunden.
„Nur“ sage ich zwar, aber ein bisschen nervig ist das beim Aufstieg schon. Ich bin mit Turnschuhen unterwegs, die werden natürlich nass und trocknen auch nicht mehr, sodass ich Nachts am Gipfel Eisklötze anstelle meiner Füße habe.
Aber beschweren kann man sich über solche Kleinigkeiten nicht, wenn man die Träger sieht, die unaufhörlich an einem vorbeilaufen. Es muss alles was in Laban Rata benötigt wird zu Fuß den Mount Kinabalu hochgetragen werden. Essen, Getränke, Möbel, Baumaterial, alles. Für ein paar Euro Lohn schleppen kleine Malaysier sogar Betonplatten, die fast genauso groß und schwer wie sie selbst sind.
Nächtlicher Aufstieg auf den Low’s Peak
Die Unterkunft in Laban Ratan ist überraschend gut, das trifft auch auf das Essen zu, das sehr lecker und reichlich ist! Nach einem grandiosen Sonnenuntergang (die Aussicht am Mount Kinabalu ist auf 3200 Metern schon traumhaft schön) und dem Abendessen geht es relativ früh ins Bett, denn um 2 Uhr muss man schon wieder aufstehen. Nach einem Frühstück, oder Mitternachtssnack trifft es wohl eher, geht die Wanderung zum Gipfel mitten in der Nacht los.
Dieser Teil der Wanderung auf den Mount Kinabalu ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Wolken haben sich komplett verzogen, es gibt einen fantastischen Sternhimmel zu bewundern. Unten am Horizont leuchten die Lichter von Kota Kinabalu, am Berg schlängelt sich ein glitzernder Wurm der Lichter der Stirnlampen der tapferen Gipfelstürmer stetig nach oben.
Man läuft hauptsächlich über Felsen, teilweise mit Seilen versichert aber nie ausgesetzt oder gefährlich. Die Höhe kann einem etwas zu schaffen machen, aber ob die Kurzatmigkeit davon kommt oder der Anstrengung ist schwer zu sagen. Der Moment, wenn man es geschafft hat und darauf wartet, dass die Sonne über den Berg steigt ist besonders und ehrfürchtig. An dieser Stelle würde ich gerne hinzufügen, er lässt einen sogar die Kälte vergessen, aber das ist leider nicht der Fall. Ich verbringe einen Großteil meiner Zeit am Gipfel in auf und ab hüpfendem Zustand, denn es ist wirklich bitterkalt. Und dennoch. Auf über 4000 Metern befand ich mich außer auf diesem Gipfel bisher nur im Nanga Parbat Basecamp.
Der nachfolgende Abstieg im Morgenlicht nach Laban Rata gefällt mir noch besser, auch weil mir dann wieder warm wird, aber vor allem wegen der unglaublichen Aussicht. Wenn es hell wird eröffnet sich ein fantastischer Blick auf die Berggipfel, die die Wolkendecke mit ihren spitzen Gipfeln aufreißen.
Wo die Wolken ein größeres Loch lassen sieht man die wunderbare Landschaft Borneos und in der Ferne das Meer. Das Gefühl, sich so hoch über den Wolken zu bewegen ist unglaublich und unbeschreiblich. Mich durchströmt ein Glücksgefühl und ich merke, egal wie sehr ich das Meer liebe, die Berge werden immer mein “happy place” sein.
Der schmerzhafte Abstieg
In Laban Rata gibt es dann noch ein zweites Frühstück bevor man sich an den Abstieg macht. Zwar dieses Mal zum Glück ohne Regen, aber die Wanderung zurück zum Gate ist trotzdem härter als alles was vorher war. Er zieht sich und geht trotz Wanderstöcken extrem auf die Beine und die Knie.
Die letzten 2 Kilometer renne ich gemeinsam mit zwei Jungs aus meiner Gruppe sogar, weil wir einfach nur ankommen möchten. Das ist der einzige Moment, in dem ich meinen Guide, der ansonsten wie ein Schatten immer hinter mir war, ausnahmsweise mal abhänge.
Ich wandere viel und gerne, aber der Abstieg hat mich was Muskelkater betrifft an meine Grenzen gebracht. Ich kann die nächsten 3 Tage lang kaum laufen, und schon gar nicht bergab. In Mulu sorgt meine sehr verdrehte Art und Weise, Treppen hinunter zu gehen, für viel Erheiterung.
Aber wenn der Spruch „no pain no gain“ auf irgendetwas zutrifft, dann auf die Wanderung auf den Mount Kinabalu. Es war das absolute Highlight meiner Malaysiareise und ein Erlebnis, was ich nie vergessen werde.
Buchung
Man kann natürlich im Voraus von zu Hause aus buchen. Wer in der Nebensaison unterwegs ist und ein bisschen Zeit hat, notfalls ein paar Tage zu warten sollte vor Ort in Kota Kinabalu buchen. Einfach ein paar Reisebüros abklappern, die meisten haben Permit-Kontingente die sie im Voraus kaufen und es gibt oft Restplätze.
Ich habe meinen Platz bei Downbelow Adventures ergattert. Eine andere Möglichkeit ist, direkt (in Eigenregie) zum Gate zu fahren, dort zu übernachten und auf Absagen oder No-Shows warten, was in den meisten Fällen auch klappt. Ein kleines Restrisiko bleibt, aber dafür ist das günstiger (ca. 200€).
Kosten
Für die Wanderung auf den Mount Kinabalu habe ich knapp 400€ all incl. (Transfer von und nach Kota Kinabalu, Übernachtung in Laban Rata und Poring Hot Springs, Verpflegung und Guide) bezahlt. Wenn man vor Ort ist sieht man wo das Geld hingeht. Der Preis ist für malaysische Verhältnisse zwar sehr hoch, aber meiner Meinung nach dennoch gerechtfertigt. Die Menschen am Mount Kinabalu leisten unglaubliches, um den Touristen dieses Erlebnis zu ermöglichen. Noch ein Hinweis, wenn das Wetter zu schlecht für den Aufstieg zum Gipfel sein sollte wird das Geld nicht zurück erstattet.
Ausrüstung
Zur Ausrüstung für die Wanderung auf den Mount Kinabalu gehören auf jeden Fall ein Regencape, Stirnlampe, Mütze und möglichst warme Handschuhe (ich hatte keine dabei und habe nach etwas Suchen ein Paar in einem winzigen Trekking Store in der IMAGO Mall in Kota Kinabalu gefunden), sowie eine warme Jacke. Ich war außerdem über meine Thermo-Leggins froh, die ich beim Aufstieg zum Gipfel unter meiner Trekkinghose getragen habe.
Wanderschuhe, klar, wenn man sie dabei hat, aber ich wandere immer mit Turnschuhen und abgesehen davon, dass sie wegen des Regens nass waren, ist das auf der Route kein Problem. Wanderstöcke kann man entweder im Store am Gate kaufen oder für ein paar Euro bei einem der Fahrer ausleihen. Auf jeden Fall empfehlenswert!
Trotz der sehr guten Verpflegung schaden ein paar Müsliriegel nicht, und mein Guide hat sich sehr gefreut als ich diese mit ihm geteilt habe. Nicht benötigtes Gepäck kann am Gate aufbewahrt werden.
Erforderliche Fitness
Bis Laban Rata schafft man es auf jeden Fall. In meiner Gruppe gab es eine nicht ganz so fitte Engländerin, die auf den Aufstieg zum Gipfel verzichtet hat, was kein Problem war. Ansonsten ist die Wanderung auf den Mount Kinabalu zwar schon anspruchsvoll, aber bei mittlerem Fitnesslevel auf jeden Fall zu schaffen.
Die Guides erzählten uns, dass sich vor allem Chinesen auch mal überschätzen und sich dann von den Guides hoch tragen lassen. Obwohl sich diese darüber freuen, da sie dafür mit 80€ / Stunde vergleichsweise ein Vermögen verdienen, finde ich persönlich das doch sehr fragwürdig. Rucksäcke werden falls gewünscht gegen ein Trinkgeld ebenfalls von den Guides getragen.
Ich freue mich, wenn dir mein Artikel gefallen hat und ich dich inspirieren konnte, auf den Mount Kinabalu zu wandern. Wenn du magst, folge mir auf:
Du warst wirklich oben? Cool! Ich habe mir das nicht zugetraut und war im Nachhinein auch ganz froh, nichts gebucht zu haben. Es war tagelang neblig, als wir am Mount Kinabalu waren. Daher haben wir nur die Wanderungen unten am Fuß des Berges am Eingang des Nationalparks gemacht. Mir hat das gereicht 🙂
Hi Sabine, ja bei Nebel machts auch keinen Sinn, das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Und generell ist es in der Gegend ja auch wunderschön für kleinere Wanderungen 🙂 PS: Ich habs ja schon mal gesagt, aber ich liebe deinen Blog-Namen einfach jedes Mal wenn ich ihn sehe!
Sorry, gerade erst Deine Antwort gesehen. Danke für das Kompliment für Ferngeweht – ich mag den Namen auch immer noch gern 🙂