„Du solltest unbedingt nach Mulu, das ist so schön da!“ Mir gegenüber sitzt John, ein Amerikaner, der seit vielen Jahren als Meditationsmönch in Myanmar in einem Kloster lebt. Er kommt zum Tauchen nach Borneo, da er das als Meditation auf einem anderen Level empfindet. Um sein Mönchs-Dasein auch hier zum Ausdruck zu bringen, trägt er einen orangen Wetsuit.
Seine Geschichte ist ebenso interessant wie die so vieler Menschen die ich auf meinen Reisen kennenlerne. In jungen Jahren abgestürzt und drogenabhängig, hat ihm die Meditation geholfen aus dem Sumpf wieder heraus zu kommen. Danach war er als Investmentbanker in New York tätig. Schlussendlich hat er auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens seine Bestimmung als Mönch gefunden.
Der Ort, an den keine Straße führt
Es ist einer der Momente, die ich am alleine und ohne Plan zu reisen so liebe. Ich beschließe dem Mönch Glauben zu schenken, zücke mein Handy, und buche mir an Ort und Stelle einen Flug. Mulu, ein abgelegener Ort im Dschungel Borneos, der über den Landweg nicht zu erreichen ist, hört sich zu schön an, um wahr zu sein.
Wie sich herausstellt, eine großartige Entscheidung. Nicht nur führt nach Mulu keine Straße, in Mulu selbst gibt es auch nur eine einzige 2 Kilometer lange Straße. Meine Unterkunft ist das Mulu Village Guesthouse, mit welchem sich ein Ehepaar aus Singapur einen Lebenstraum erfüllt hat.
Brenda erzählt mir von dem Gefühl, was sie erfasst hat, als sie sich das erste Mal mit der Propellermaschine im Landeanflug auf Mulu befand. Seitdem hatte es sie nie weider los gelassen. Solange bis sie ihren Mann James davon überzeugt hatte, dass sie hier und nirgendwo anders ihren Lebensabend verbringen möchte. Ich kann sie verstehen. Es ist so wunderschön und friedlich hier, dass man es kaum in Worte fassen kann.
Ausflug in den Dschungel außerhalb des Nationalparks
In Mulu dreht sich alles um den hier etablierten Nationalpark, sowie um die Wanderung zu den Pinnacles. Für die fühle ich mich nicht abenteuerlustig genug, was sich im Nachhinein als richtigen Instinkt herausstellt. Ein Pärchen, was sich am nächsten Tag auf den Weg dorthin macht, kommt einen Tag später zurück. Es hatte viel geregnet, die Wege waren schlammig und sie sind am ganzen Körper mit Blutegeln übersät.
Ich liebe Wandern, ich liebe Abenteuer, aber ich habe meine Grenzen. Dass derselbe Regen auch für mich noch ein Abenteuer und eine Lektion bereit hält, dazu gleich mehr. Zunächst geht es aber raus aus dem Nationalpark. Der Dorfoberste eines nahe gelegenen Dorfes holt mich und zwei Franzosen mit seinem Boot ab, um uns in sein Dorf zu bringen.
Nach einer kurzen Besichtigung der für die Region typischen Long Houses wird ein Junge aus dem Dorf beauftragt, uns zu einem Wasserfall zu führen. Es geht über Stock und Stein, durch dichten Dschungel und matschige Pfade. Anfangs achten wir noch darauf, dass unsere Schuhe trocken bleiben, irgendwann ist es dann auch egal.
Am Ende der Wanderung erwartet uns ein wunderschöner Wasserfall, an dem zahlreiche Schmetterlinge heimisch sind. Das ausgiebige Bad im Wasserfall, mit den vielen kleinen Natur-Pools ist eine tolle und willkommene Abkühlung. Überhaupt wird in Wasserfällen baden eine meiner Lieblingsbeschäftigungen in Malaysia. Wieder zurück im Dorf werden wir in das Haus einer der Familien eingeladen, wo wir von den Frauen bekocht werden, und wie!
Es ist alles so einfach, aber so frisch und eine der besten Mahlzeiten meiner ganzen Reise. Wir werden für einen Abend zu einem Teil der Familie und des Dorfs. Es sind diese Erfahrungen, abseits jeglicher Zivilisation, die ich an meinen Reisen so liebe.
Überflutete Pfade im Nationalpark
Am nächsten Tag mache ich mich gemeinsam mit Johann, einem der beiden Franzosen, auf, den Nationalpark zu erkunden. Es gibt dort verschiedene kleinere Wanderungen, wir wählen die längste (8 Kilometer) und am wenigsten begangene.
Wie schon erwähnt hatte es viel geregnet in der Nacht zuvor, aber wir machen uns dennoch auf den Weg. Schon nach ein paar Schritten ist der Pfad unter Wasser, aber nach der gestrigen Wanderung waren unsere Schuhe sowieso noch nicht wieder getrocknet, also egal.
Teilweise geht uns das Wasser bis zu den Knien, und wäre ich allein gewesen wäre ich wahrscheinlich umgedreht. Man kann nicht sehen wer in der Brühe alles so sein Unwesen treibt. Krokodile? Schlangen? Oder, meine größte Angst, Blutegel?? Aber Johann ist abenteuerlustig, wir haben Spaß und Blöße geben kann ich mir schon gar nicht. Außerdem waren die Blutegel eher auf französisches Blut aus – echte Gourmets anscheinend, merci beaucoup! Todesmutig erlegte er sie mit meinem Feuerzeug.
Retter in der Not
Wir begegnen niemandem auf unserer Wanderung, die überfluteten Pfade haben alle anderen Besucher an diesem Tag abgeschreckt. Auf einmal hören wir jemanden „Help“ rufen! Als wir „Hello!“ antworten stürzt uns von einer etwas oberhalb gelegenen Höhle eine Amerikanerin entgegen. Sie ist völlig aufgelöst und so außer sich uns zu sehen, dass sie erstmal kein Wort rausbringt.
Als sie wieder sprechen kann erzählt sie uns, dass sie die letzte Nacht hier verbracht hat, da sie es nicht mehr rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit zurück nach Mulu geschafft hatte. Sie hatte sich nach einer Höhlentour sogar mit ihrer Führerin abgesprochen, dass sie sich von der Gruppe trennen würde und noch den nahegelegenen Wasserfall anschauen wollte. Doch der Weg dorthin stellte sich als länger als gedacht heraus. Handyempfang gibt es im Dschungel nicht.
So hatte sie in einer Art Hochstand beim Wasserfall übernachtet, wobei sie nicht viel Schlaf bekam, eine Riesenspinne hatte es sich dort nämlich ebenfalls gemütlich gemacht. Dadurch, dass wir sie gefunden, ihr etwas zu trinken gegeben haben und sie zurück gebracht haben ist nochmal alles gut gegangen.
Für mich war dieses Erlebnis allerdings auch einschneidend. Im Endeffekt hätte ich auch sie sein können. Ich bin nunmal öfter alleine unterwegs und ich wandere auch gerne durch die Wildnis. Seither habe ich immer mein Erste Hilfe Set dabei, in dem sich auch Trinkwasserentkeimungstabletten befinden. Außerdem schaue ich, dass sich genug zu Essen und zu Trinken, sowie etwas Warmes zum Anziehen in meiner Wanderausrüstung befinden.
Für Wanderungen, bei denen ich mir doch nicht ganz sicher bin suche ich mir seither wenn möglich eine Begleitung, obwohl es für mich eigentlich nichts Schöneres gibt als alleine zu wandern.
Was gibt’s sonst noch in Mulu zu tun
Die restlichen Tage in Mulu verbringe ich mit Bootsfahrten, dem Canopy Walk und Besichtigungen von Höhlen. Darunter die zweitgrößte der Welt, Deer Cave, deren größtes Schauspiel die 3 Millionen Fledermäuse sind, die die Höhle Abends bei gutem Wetter und mit ein bisschen Glück verlassen und Teile des Himmels damit schwarz färben.
Die meisten Guesthouses bieten außerdem Fahrräder zum Verleih an, es lohnt sich auf die zugewachsene Straße die man auf halber Strecke zwischen dem Supermarkt und dem Marriott Resort findet abzubiegen. Hier sollte wohl mal ein zweites Resort gebaut werden, wogegen sich die Bewohner erfolgreich gewehrt haben.
Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die Natur wieder zurück holt was ihr gehört. Wunderschöne Sonnenuntergänge, mit denen man in ganz Malaysia verwöhnt wird, gibt es auch hier noch obendrauf.
Abschied vom Paradies
Nach 4 wunderbaren Tagen heißt es für mich Abschied nehmen vom Paradies. Es war faszinierend zu sehen wie die Leute hier leben, es gibt nichts als einen Mini Supermarkt, alle Anschaffungen müssen mühsam eingeflogen oder eingeschifft werden. Das macht kreativ, das macht erfinderisch, das macht glücklich. Und so hoffen auch die Einheimischen, dass niemals eine Straße nach Mulu gebaut wird.
Hinkommen
Erreichbar nur mit dem Flugzeug, ab Kota Kinabalu oder Kuching, Kosten One-Way ab ca. 30€. Teilweise mit Zwischenlandung in Miri, hier muss man kurz aussteigen und steigt dann wieder ins Flugzeug ein. Wer aus Kota Kinabalu kommt reist hier von Sabah nach Sarawak ein und bekommt den benötigten Stempel im Pass.
Da sich mein Guesthouse etwas weiter vom Ortskern befindet hatte ich über selbiges einen Shuttle beauftragt. Man kann aber vom Flughafen auch alles zu Fuß erreichen.
Unterkommen
Es gibt einige Guesthouses in Mulu die sehr familiär geführt werden. Wer es luxuriöser mag kann auch in das Marriott Hotel einchecken. Wem hierfür das notwendige Kleingeld fehlt, der kann bei einer Bestellung von etwas zu Trinken oder zu Essen auch als externer Gast den Pool nutzen. Dasselbe gilt auch für das Wlan, gibt es nämlich nur dort (wobei die Qualität stark schwankt). Ab und zu bekommt man mit seiner malaysischen Sim Karte auch Empfang, aber auch dieser ist stark schwankend.
Essen
Direkt an der Straße, kurz vor dem Mulu Guesthouse und dem Marriott, betreibt eine sehr geschäftstüchtige Bewohnerin, die auch die Taxifahrerin ist, einen kleinen Essensstand. Man muss gegebenenfalls etwas länger warten, aber ihre Gerichte sind sensationell günstig und unglaublich lecker. Hier trifft man auch Einheimische. Gutes, frisch gekochtes Essen gibt es übrigens auch am Flughafen!
Aktivitäten
Wenn man zum ersten Mal in den Nationalpark kommt muss man sich an der Rezeption anmelden und bekommt ein Bändchen. Die angebotenen Touren (Bootsfahrten, Höhlen Erkundungen, Canopy Walk) kann man entweder dort vor Ort oder über das Guesthouse buchen. Mein Ausflug zum außerhalb des Nationalparks gelegenen Dorfs inkl. Wasserfall Wanderung kam über eine persönliche Connection von Brenda, der Besitzerin meines Guesthouses, zustande.
Ich freue mich, wenn dir mein Artikel gefallen hat, und du dich hoffentlich bald genauso in Mulu verlieben wirst wie ich. Wenn du magst, folge mir auf: