Ich sitze auf einem Felsvorsprung der weit ins Meer hinaus ragt. Direkt vor mir schwimmen die Delfine in Scharen vorbei, springen aus dem Wasser, surfen die Wellen die links und rechts von mir.
Ein Stück weiter draußen spielen die Wale dasselbe Spiel. Es ist das Oktober, und somit das Ende der Walsaison, die Männchen werden unruhig und kämpfen um die verbleibenden Weibchen. Das resultiert in einem großartigen Schauspiel, die Wale springen, prusten Wasser in die Luft und schlagen ihre Hinterflossen wieder und wieder auf die Wasseroberfläche.
Die Sonne scheint, außer mir ist abgesehen von einem Angler der ein Stück entfernt sein Glück versucht weit und breit kein Mensch zu sehen. Die Wild Coast macht ihrem Namen alle Ehre. Es ist einer dieser Glücksmomente, die ich für immer festhalten möchte.
Wie so oft bin ich hier eher zufällig gelandet. Auf der Suche nach einem dieser Orte die ich am liebsten mag, klein, ruhig und familiär, bin ich auf das Wild Lubanzi gestoßen, ein Backpackers was mit viel Herzblut von einer Schweizerin und einem Südafrikaner betrieben wird. Es liegt irgendwo zwischen Bulungula und Coffee Bay, in einem Dorf was aus einer Handvoll verstreut liegender für die Region typischer Xhosa – Rundhäuser besteht.
Ein Leben wie ein Traum
Die Besitzerin erzählt mir wie sie aus ihrem Leben in der Schweiz ausgebrochen ist, die Strukturen und das Leben dort hinter sich gelassen hat, um mit ihrem Mann irgendwo im Nirgendwo ein kleines aber feines Backpackers zu bauen. Sie war trotz aller Hindernisse, die das Leben in einer so abgelegenen Region Südafrikas wie der Wild Coast mit sich bringt, nie glücklicher als hier.
Beim Blick von der Terrasse auf die Bucht, das Meer und das Dorf, versteht man trotz der harten Arbeit die das Ehepaar hier leistet, was sie meint. Der Ort kommt dem, was man sich unter dem Paradies vorstellt, schon ziemlich nahe.
Ich hätte hier ewig bleiben können. Eines Abends beim gemeinsamen Abendessen erzählen mir eine neu eingetroffene Gruppe amerikanischer Reisender von einem Wanderweg entlang der Wild Coast. So entscheide ich mich, in zwei Tagen vom Wild Lubanzi nach Coffee Bay und von dort nach Mdumbi zu wandern.
Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, vom Wild Lubanzi an einem Tag nach Bulungula zu wandern, dort zu übernachten und am nächsten Tag zu Fuß oder per Shuttle wieder zurück.
Auf dem Weg nach Coffee Bay
Wieder einmal gibt mir die Tatsache, dass ich nur mit einem kleinen Rucksack unterwegs bin, die Freiheit und die Möglichkeit, einfach spontan meine Siebensachen zu packen und los zu wandern.
Trotz eines Gerüchts, dass ein Räuber in der Gegend sein Unwesen treibt ziehe ich alleine los. Grundsätzlich ist das alleinreisenden Frauen in Südafrika eher nicht zu empfehlen. Doch die Wild Coast ist eine wohltuende Ausnahme. Ich genieße es, endlich mal wieder alleine zu wandern. Wie sich herausstellt wird das Gerücht des Räubers vor allem in Coffee Bay gepflegt, um für die Wanderung zum Hole in the Wall (ein beliebtes Ausflugsziel in der Region) ihre Guides zu verkaufen.
Die Einheimischen unterwegs befragt, werden mir eventuell mulmige Gefühle mit „Das ist ein 15jähriger mit einer Spielzeugpistole.“, „Ich lebe hier seit 20 Jahren und noch nie wurde jemand ausgeraubt.“ und „Soweit ich weiß wurde der schon lange gefasst.“ genommen.
Sie erzählen lieber die Geschichte einer jungen Touristin, die im Sommer völlig dehydriert von einer Dorfgemeinschaft aufgenommen und wieder hochgepäppelt wurde, bevor man sie zurück in ihr Backpackers gebracht hat. Anders als in den südafrikanischen Städten gibt man hier an der Wild Coast nicht nur aufeinander, sondern auch auf die Touristen acht.
Los geht sie also, meine Wanderung an der Wild Coast. Die Richtung vom Wild Lubanzi aus ist klar, immer der Küste entlang, über das Hole in the Wall, nach Coffee Bay. Ein paar Pfadfinder – Kenntnisse schaden nicht, ab und an muss man aufpassen, dass man nicht auf der Straße bleibt, die zwar notfalls auch zum Ziel, aber zu weit von der Küste wegführt. Es gibt eigentlich immer einen Pfad an der Küste und ich habe keine Probleme ihn zu finden.
Der Weg führt auf und ab durch winzige Dörfer, in denen die Kinder über die Wiesen toben, über Klippen die mal mehr, mal weniger steil ins Meer stürzen und einsame, unberührte Traumstrände. Immer wieder begleitet von Delfinen, die unglaublich nah an der Küste entlang schwimmen.
Auf der Strecke zwischen Hole in the Wall und Coffee Bay trifft man Gruppen mit besagten Guides, die gerne den Weg erklären, wenn man sich doch mal unsicher ist. Ich benötige für die gesamte Strecke ca. 6 Stunden, mache aber auch einige Pausen um aufs Meer zu schauen und die Wale und Delfine zu beobachten.
Coffee Bay – mehr pfui als hui
In Coffee Bay angekommen ist mir gleich klar, das ist nicht mein Ort. Mir ist es zu schmutzig und sind die Backpackers in Südafrika eigentlich überall super schön, kann ich das hier leider nicht behaupten. Ich muss aber sagen, wer jung ist und gerne surft, liebt es hier. Surfen ist so günstig wie sonst nirgendwo in Südafrika und Nachts werden in den Backpackers Parties gefeiert.
Auf dem Weg nach Mdumbi
Ich flüchte direkt am nächsten Morgen, um meine Wild Coast Wanderung fortzusetzen. Der Weg nach Mdumbi startet am Ocean View Hotel, wo ich von einem netten Security Angestellten am Tor nochmal eine Wegbeschreibung bekomme. Man geht erstmal auf der Straße bergauf, bis sich diese nach links und rechts teilt, woraufhin man sich rechts hält, und von hier aus auch wieder immer der Küste entlanggeht.
Nach ca. 2 Stunden erreicht man einen riesigen, traumhaften Strand. Da hier ein Fluss ins Meer mündet nimmt man die „Fähre“, ein kleines Ruderboot, um für 10 Rand (ca. 60 Cent) ans andere Ufer gebracht zu werden.
Ab hier geht man nur noch den riesigen, einsamen Strand entlang, ca. 1 Stunde lang bis man die Mdumbi Bucht erreicht (vorausgesetzt man genießt unterwegs nicht ausgiebig diesen Strand, was ich nur empfehlen kann!), von welcher aus eine Straße zum etwas erhöht liegenden Mdumbi Backpackers führt.
Das Backpackers ist etwas größer und besticht mit derselben grandiosen Aussicht auf die Wild Coast wie sie mich die ganze Zeit schon begleitet hat. Hier wird viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, d.h. Teile der Unterkunft, wie z.B. die Küche oder die Wäscherei werden von Einheimischen aus den Dörfern betrieben, die somit direkt am Erfolg beteiligt sind. Der Besitzer betreibt außerdem mit viel Herzblut und Engagement für die umliegenden Dorfgemeinschaften eine Non-Profit-Organisation, die ich seither selbst unterstütze.
Die Region ist eine der ärmsten Südafrikas, es fehlt an Bildung, Nahrung und gesundheitlicher Grundversorgung. Wer gerne etwas Gutes tun möchte, in dem Wissen, dass das Geld ohne Umwege da ankommt, wo es wirklich dringend benötigt wird, kann sich hier über die sehr unterstützenswerte Arbeit von Transcape informieren.
Ich bleibe noch zwei Tage in Mdumbi, bevor ich meine Südafrika-Reise fortsetze.
Südafrika hat in vielerlei Hinsicht mein Herz gestohlen, aber die wunderbare, traumhaft schöne Wild Coast hat ein besonders großes Stück genommen. Wer wunderschöne unberührte Natur mit einem Hauch Abenteuer und natürlich das Meer liebt, für den wird es nichts schöneres geben, als eine Wanderung an der Wild Coast.
Hinkommen
Entweder mit dem eigenen Auto, die meisten Wege sind auch mit Kleinwagen befahrbar. Für BazBus Reisende bieten alle Backpackers einen Shuttle ab/nach Mthatha (Dauer ca. 1,5 – 2h, Kosten 90 Rand (ca. 5,50€) One Way) an.
Shuttles werden für Wanderer auch zwischen den einzelnen Orten angeboten.
Verpflegung
In den Backpackers gibt es sowohl zum Frühstück als auch Abendessen sehr leckere selbst gemachte Speisen für wenig Geld, sowie Getränke.
Wanderung an der Wild Coast
Es gibt einen Weitwanderweg von Port St Johns nach Bulungula für den man 6 – 7 Tage benötigt. In Port St Johns, sowie Mdumbi, Coffee Bay und Bulungula gibt es Backpackers, auf dem Abschnitt zwischen Port St Johns und Mdumbi wurden Homestays in den Dörfern etabliert. Shuttles zum BazBus bieten alle Backpackers an, sodass ich meinen ausgewählten Abschnitt problemlos an einem Ort starten konnte und mich am Ende wieder nach Mthatha shuttlen lassen konnte um wieder in den BazBus einzusteigen.
Ich freue mich, wenn dir mein Artikel gefallen hat und ich dich zu dieser traumhaften Wanderung an der Wild Coast inspirieren konnte. Wenn du magst, folge mir auf: