Die Leere zu Hause – wie geht man mit der Reiserückkehr Depression um

Wenn alles so ist, wie es war, und doch nichts mehr so ist, wie es war. So fühlt sich das an, wenn man nach einer langen Reise zurück nach Hause kommt. Ein Zustand, in dem man sich nicht selten ziemlich verloren und verwirrt fühlt.

Dem Thema Post Reise Depression habe ich früher nie viel Beachtung geschenkt. Im Gegenteil. Den ein oder anderen Artikel über das Phänomen Reiserückkehr Depression hatte ich schon mal gelesen. Ehrlich gesagt hatte ich mir dabei entweder “Stell dich doch nicht so an.” oder “Was für ein First World Problem.” gedacht. Erst monate- oder jahrelang um die Welt reisen und dann jammern, wenn man wieder hier ist. Mir kam das undankbar vor.

Dass mich die Rückkehr Depression nach meiner 8-monatigen Auszeit mit einer solchen Wucht und erbarmungslosen Härte erwischen würde, war für mich komplett unerwartet. Ich kam auf einmal an dem Ort, der mir normalerweise Sicherheit, Geborgenheit und Normalität gibt, nicht mehr klar. Von Natur aus bin ich ein äußerst positiver Mensch, doch plötzlich war ich komplett aus der Fassung geraten. Fühlte mich leer und wusste nichts mehr mit mir und meinem Leben hier anzufangen.

Das Wort Depression sollte man auf keinen Fall leichtfertig verwenden. Es handelt sich dabei um eine Krankheit, die für die Betroffenen und ihr Umfeld sehr schwer ist. Dennoch kann ich nachvollziehen, warum man im Zusammenhang mit der Rückkehr von einer Reise, wenn auch vorsichtig, von einer Depression sprechen kann. Ich bin selbst in ein richtiges Loch gefallen. Daher möchte ich mich in diesem Artikel mit dem Thema beschäftigen und Reise-Rückkehrern ein paar Tipps geben, wie man damit umgeht.

Welche Faktoren führen zu einer Post Reise Depression?

Die Trauer

Du trauerst um eine Zeit die vorbei ist. Eine Zeit, die wahrscheinlich zu den tollsten deines Lebens gehört. Um die Menschen, die du kennengelernt hast. Um die Länder, die du sehen durftest und die Abenteuer, die du jeden Tag erlebt hast. All das ist auf einmal nicht mehr da, und du vermisst es wie verrückt.

Die Veränderung

Zu Hause hat sich nichts geändert. Deine Stadt, deine Straße, dein Haus, alles sieht noch genauso aus wie vorher. Die Zeit ist gefühlt stehen geblieben als du weg warst. Dabei hast du selbst dich so sehr verändert wie noch nie. Dein Blickwinkel auf die Welt, deine Einstellung zum Leben, deine Persönlichkeit. Du hast das Gefühl, dass du auf einmal nicht mehr rein passt.

Die Sehnsucht

Eigentlich möchtest du überall auf der Welt sein, nur nicht zu Hause. Fremde Orte üben noch viel mehr Faszination aus, wenn man erstmal festgestellt hat, dass sie in der Realität noch viel schöner sind als in der Phantasie. Doch nicht nur die Orte vermisst du, auch die Menschen. Obwohl wir auf Reisen alle unterschiedliche Sprachen sprechen, gibt es doch eine gemeinsame Sprache, die nur dort gesprochen wird. Die Sprache derjenigen, die verstehen, wie sich das anfühlt. Den Sprung zu wagen, alles hinter sich zu lassen. Sich zu verändern, den eigenen Horizont ins Unendliche auszureizen. Jeden Tag neues zu erleben und dabei wieder und immer wieder über sich hinaus zu wachsen.

Das Unverständnis

Obwohl du keine Ahnung hast, wie du auf die Frage “Und, wie wars?” überhaupt eine Antwort geben kannst, brennst du darauf, deinen Freunden so viele deiner Abenteuer wie möglich zu erzählen. Doch während du weg warst, ging das Leben für deine Freunde ganz normal weiter. Wie sollte es auch anders sein. Sie haben geheiratet, Kinder bekommen oder ihren Job gewechselt. Das sind die einschneidenden Erlebnisse in ihrem Leben. Welche Berge du bestiegen hast oder über welche Ozeane du gesegelt bist, finden sie zwar spannend, aber nachdem die erste Begeisterung über deine Rückkehr abgeebt ist, sind ihre eigenen Themen wichtiger.

Was kannst du gegen die Reiserückkehr Depression tun?

Zeit

Du solltest dir Zeit geben. Bei einer Beziehung, die zu Ende geht sagt man, dass man in etwa die Hälfte der Dauer der Beziehung benötigt, um darüber hinweg zu kommen. Ich würde behaupten, das ist hier ähnlich. Du musst das Erlebte erstmal verarbeiten und einen Weg finden, wieder in den Alltag zurück zu kehren.

Ablenkung

Tu Dinge, die dir gut tun. Lenk dich ab. Mach einen Ausflug ins Grüne. Ernsthaft, geh raus. Auch wenn die Versuchung manchmal größer ist, zu Hause in Selbstmitleid zu versinken. Die Natur hat heilende Kräfte.

Erinnere dich an das, was dir schon vorher gut getan hat, um dich vom Alltag abzulenken. Für mich sind das z.B. Sportarten, bei denen man sich sehr konzentrieren muss. Wenn ich beim Bouldern oder Boxen bin, bin ich gezwungen, mich nur darauf zu fokussieren. So habe ich für 1 – 2 Stunden die Möglichkeit, alle anderen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen.

Die richtige Aufgabe

Egal, ob du dich schon vorher, von unterwegs, oder nach deiner Rückkehr um einen neuen Job gekümmert hast, oder in deinen alten Job zurückkehrst. Es kann sein, dass du dich so sehr verändert hast, dass du eine Aufgabe brauchst, die deiner veränderten Persönlichkeit und neuen Sicht auf die Dinge angepasst ist. Es kann ein Fehler sein, einfach den nächstbesten Job anzunehmen. Nimm dir die Zeit, einen für dich passenden Job zu finden, in einem Umfeld, in dem du dich wohl fühlst.

Triff deine Freunde

Auch wenn sich deine Freunde nicht konstant mit deinen Reiseerlebnissen befassen können. Sie sind deine Freunde, sie freuen sich unglaublich darüber, dass du wieder da bist, und wenn es dir schlecht geht wirst du auch welche haben, mit denen du über deine Reiserückkehr Depression sprechen kannst. Finde heraus, welche das sind und versuch nicht, dich vor ihnen zu verstellen. Deine Freunde sind in guten und schlechten Zeiten für dich da.

Den Kontakt zu Freunden, die du auf deinen Reisen getroffen hast zu halten, hilft auch. Das sind diejenigen, die dich garantiert verstehen. Mit denen du stundenlang nur über Reisen reden kannst. Gleichgesinnte kannst du ansonsten auch über Couchsurfing oder Facebook Gruppen wie die Munich Travel Community treffen. Wenn es eine solche Gruppe für deine Stadt noch nicht gibt, dann gründe sie.

Plane deine nächste Reise

Dass du wieder zu Hause bist, bedeutet ja nicht, dass du nie wieder weg fahren kannst. Überleg dir, wo du als nächstes hin willst und plane deine nächste Reise. Wenn eine längere Reise zeitlich und/oder finanziell nicht drin ist, selbst ein verlängertes Wochenende irgendwo hin hilft schon. Buch dich in ein Hostel ein und werde wieder Teil der Reise-Community. Du wirst sehen, das fühlt sich an wie nach Hause kommen.

Wenn alles nichts mehr hilft

Mir persönlich haben all diese Maßnahmen zwar geholfen, aber so ganz wieder in meinem alten Leben angekommen bin ich dann doch nicht mehr. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, wie ich mein Leben gestalten kann, damit es mich wieder erfüllt. Jeder ist hier anders, und welchen Weg man am Ende einschlägt, kommt darauf an was jedem einzelnen persönlich wichtig ist.

Ich habe 1,5 Jahre nach der Rückkehr meiner ersten großen Reise meinen sicheren und gut bezahlten Job in der IT-Branche an den Nagel gehängt und arbeite seither als Reiseleiterin für ein Aktivreise-Unternehmen. Das gibt mir die Möglichkeit, in der Sommer-Saison zu arbeiten und im Winter selbst zu reisen. Die Sicherheit ist weg, mein Gehalt schwankt stark, aber ich mache nun genau das, was mich glücklich macht. Und das ist es, worauf es am Ende ankommt.

Meinen Weg dorthin kannst du in einem Interview, was ich Deutschlandfunk Nova gegeben habe, im Detail nachhören.

Viele Weltenwanderer findest du auch auf dem Weltwach Podcast, mit tollen Beiträgen von Weltreisenden und Abenteurern. So kannst du dir die Welt zumindest ins Ohr holen.

Erfahrungsberichte von Gleichgesinnten und ihre Art und Weise, wie sie mit der Rückkehr wieder nach Hause umgegangen sind, hat Nina von Soul Travelista zusammengestellt.

Schöne Aussicht aber schlechte Nachricht: Wer einmal von der Wanderlust infiziert ist wird sie nie wieder los. 


Ich freue mich, wenn dir mein Artikel gefallen hat. Hast du weitere Tipps, was man gegen die Reiserückkehr-Depression tun kann? Dann hinterlasse gerne einen Kommentar. Und wenn du magst, folge mir auf:

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Wer steckt hinter Sunsets & Summits?

Servus, ich bin Annika. Auf der Suche nach den traumhaftesten Sonnenuntergängen und Gipfeln mit den atemberaubendsten Aussichten reise ich durch die Welt. Besonders angetan haben es mir außergewöhnliche Länder. Über die Abenteuer, die ich in diesen als alleinreisende Frau erlebe, berichte ich euch hier. 

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